LISTEN, LEARN + RESIST

Nichts bleibt, wie es ist: um3000 verpasst sich ein neues Label. Nach mehr als fünf Jahren in denen sich viel veränderte, wurde es mal Zeit für einen Wechsel.


um3000 Logo altStoisch. Stolz und entschlossen, die Kopfhörer als Krone tragend, so schaut Che vom bisherigen um3000-Label einem imaginären Publikum entgegen. Das Logo, das seit 2000 geführt wurde, ursprünglich, um die musikalischen Aktivitäten zu markieren, wandelte sich im Laufe der Zeit dabei immer mehr zu einem aktionistischen Logo für Diverses. Es hing daher z.B. nicht nur hinter den DJ-Decks beim legendären Kölner Grillen zum Advent, sondern unter Anderem auch – als “Support Your Local Team”- Zaunfahne – bei Heim- und Awaymatches des alten WSV, bevor S.Y.L.T. dann dessen Fusionsmutation den Kaninchenzüchtern im Vorstand überliess. (Auf dem Bild rechts: Beim 2:1 Auswärtssieg am Hamburger Millerntor, im Winter 2004, mit Unterstützer) Es begleitete Aktionen wie “UBUTU” zur autonomen 1.Mai-Demo im Kiez, ebenso wie kleine, halblegale Parties hier und dort.

S.Y.L.T. bei St.PauliJetzt war es Zeit für eine nachdenklichere Version des Motives. Nicht nur, dass die eigene Sache mit der öffentlichen Schallplattenvorführung fast vollständig zum Erliegen gekommen ist, sich demnach auch die eigenen musikalischen Vorlieben – wieder einmal – verschoben haben, weg von Floors und Beats, hin zu rhytmischem Gefrickel und geräuschhaftem Gerumpel, auch die Gesamtheit einer einstmals tendenziell subversiven Alltagskultur hat sich zu etwas verändert, dem man nur noch schwerlich stolz und entschlossen begegnet.

Vor allem auch auf deutschen Floors – zwischen Instant-Hauptstadt im Osten und Megapolis im Westen – regiert mittlerweile eine fremdbestimmte und besinnungslose Partystimmung kleiner autistischer Zirkel, die – ohne jede Reflektion – jeweils das für Party halten, was ihnen als solche verkauft wird. Und in den Fussball-Kurven des Landes sieht es – spätestens seit der dummbratzigen Märchenerzählung des Sommers von 2006 – eher noch schlimmer aus. Der getanzte und auf den Rängen ausgetragene Behauptungswille von sich einstmals selbst definierenden und tendenziell autonomen Individuen, ist mehr und mehr zu einem eklig-klebrigen Abziehbild medial vorgegaukelter Lebensfreude verkommen, die erst dann auch als solche wahrgenommen wird, wenn sie sich selbst wieder medial perpetuiert. Sei es durch austauschbare, pseudoempörte Skandalberichte der Leitmedien, durch das vollständige Nichts einer vorgeblichen “Talk of the Town”- Berichterstattung – inklusive “exklusiver” Fotostrecken, die ewig die gleichen, benebelten Fratzen von Partychicks und dürftig posende gläserschwingende Aushilfshelden zeigen, oder aber auch durch behelfsweise selbst in die Tastatur gebröckelten Auswurf, der die “sozialen Netze” des so called “web 2.0″ überschwemmt. In sämtlichen Grenzbereichen jenseits einer gesellschaftlichen Konformität hat die Reaktion das noch vorhandene Widerstandspotential inzwischen massiv in die Defensive gedrängt. Restauration 2.0.

Hiphop ist heute das Zelebrieren kleinkrimineller Leitbilder, wie sie sich ein Bertholt Brecht nicht klischeehafter hätte ausdenken können, Techno ist der Soundtrack zu, am Rande der Loveparade gedrehten, langweiligen Amateurpornos, Reggae und Dancehall sind nur noch die Maske scheinbar multikultureller Toleranz nachgemachter Wohlstandsdreadlocks – (die jedoch immer dann ein Ende erfährt, wenn Ihnen mal von Jemandem die Texte übersetzt werden) – und zorniger Strassenprotest bedeutet heute das “kreaativ-fröhliche” Hin- und Herschwenken von strassenkarnevalsken Pappmachèköpfen am Rande von durch Coca Cola gesponsorten Freiluftfestivals, wo doch fliegende – (und bitte möglichst grosse!) – Steine der gesellschaftlichen Realität viel eher angemessen wären.

Höchste Zeit also, innezuhalten, zu analysieren, und sich neu aufzustellen. Die Schlacht ist nicht verloren, sie pausiert nur.

¡No pasaran!

um3000-Logo


  • email
  • Print
  • PDF
  • Add to favorites
  • RSS
  • Twitter
  • Identi.ca
  • Facebook
  • Google Bookmarks
  • MisterWong.DE
  • StumbleUpon
  • Technorati
  • Digg
  • del.icio.us
  • MySpace
Publiziert: November 20th, 2007
Rubrik: kultur und alltag, was geht? und wo?
Schlagworte: , , ,
Kommentare: No Comments.












*