CELEBRATION-TIME. DER NRW-TAG. (II)

Unerwünschte Eigeninitiave

Der Wuppertaler an sich. Das ist ein seltsamer Menschenschlag. Etwas krude, ein wenig mürrisch, zäh und voller eigensinnigem Tatendrang bis hin zum Aktionismus. Eine grosse Tradition sektiererischer Gemeinden und widerborstiger Individuen zeugt davon. Manchmal ist das selbst der eigenen Stadtverwaltung nicht ganz geheuer. Dann ist Schluss mit lustig.
Da will man für seine Bürger ein schönes Tschingderassa-Bumm veranstalten, so richtig mit Bundeswehrbeteiligung, Trachtengruppen und dem besten, was ansässige Konzerne für eine Bespassung des Plebs herzugeben bereit sind, und die Leute danken es nicht. Stattdessen maulen sie herum und kommen doch tatsächlich mit eigenen Ideen. Da feiert der eine Stadtteil parallel zum grossen NRW-Kindergeburtstag einfach sein eigenes Fest, die Einzelhändler sind empört, weil Auswärtige die Generation Wurst mit Fettkringeln versorgen sollen und nicht sie selber, und dann laden auch noch welche ihre Freunde in Eigeninitiative zur grossen Fete ein.

Einige Bürger der Stadt hatten nämlich tagelang über ein eigenes Programm für ihre Bekannten nachgedacht, an dem sich auch alle anderen würden beteiligen können. Sie haben dafür viel Zeit, Arbeit und Geld in bunte Heftchen und unterhaltsam zu lesende Internetzseiten investiert, damit möglichst alle davon erfahren. Und sie haben sogar, ganz brav, das etwas bekiffte Logo einer schlingernden Schwebebahn für ihre eigenen Einladungen verwendet, das die Marketing GmbH der Stadt doch eigens als Motiv zur Weiterverwendung angeboten hatte.

Sie haben das Heftchen ausgelegt, gar nicht wild, sondern extra in dafür vorgesehene Prospektständer an vielen öffentlichen Stellen, und es sah ganz toll aus – es war von den teuren Prospekten der Superprofis in der Marketing GmbH fast nicht zu unterscheiden und dabei origineller getextet.

Bild der alternativen EinladungGastfreundschaft unerwünscht? Einladungen in Eigeninitiative

Doch genau das muss die Leute im Stadtmarketing geärgert haben. Soviel Eigeninitiative und Gastfreundschaft war mit dem von ihnen ausgedachten Slogan “Wuppertal bewegt. Sich. Mich. Dich.” offenbar nicht gemeint. Sie lancierten böse Berichte in den lokalen Medien und reagierten sehr empört. Ihre Mitarbeiter mussten von nun ab täglich nachsehen, ob die fremden bunten Heftchen wieder irgendwo herumlagen um sie einzusammeln. Man sprach gar von einer widerrechtlichen Verwendung der merkwürdig bekifften Schwebebahn, die man doch eigentlich allen geschenkt hatte, um damit Eingangstüren, Autoblech, Küchenkacheln oder sonstwas zu verzieren. Nur eben keine bunten Heftchen – zumindest nicht, wenn sie toller getextet waren als die eigenen.

Das ist eigentlich doof. Schliesslich muss man seine Wuppertaler doch kennen, wenn man auf einem der prima bezahlten BAT-Jobs anheuert. Da darf man nicht beleidigt reagieren, nur weil sich die Bürger der Stadt ‘was Eigenes ausdenken. Das haben die doch immer schon gemacht.

Und es ist auch gar nicht gastfreundlich. Was sollen die ganzen, in Eigeninitiative eingeladenen Gäste von ausserhalb jetzt denken, wenn das für sie zusammengestellte Programm jetzt nicht mehr öffentlich ausliegt? Will das Stadtmarketing zehntausende aktionssuchende junge Leute orientierungslos in der Stadt herumirren lassen? Will das Stadtmarketing vielleicht gar keine feiernden Besucher des NRW-Tags?

Damit dieser Eindruck nicht entsteht, soll das wirklich tolle, in grandioser Eigeninitiative der Bürger entstandene Programm auch an dieser Stelle nochmals veröffentlicht werden:

Das Bürgerprogarmm am Freitag, 29.08.2008An der Stadthalle, Johannisberg/Kleeblatt:
• 16:00 uhr: Tribunal gegen die Politik der NRW-Landesregierung
• ab 17:30 uhr: Stadthalle: Teilnahme (versuche) an Kabinettssitzung und NRW-Gala.
• ab 18.00 uhr: Landesweite Protestkundgebung gegen Studiengebühren (AStA Wuppertal)
• 20:00 uhr: Polonaise zum Döppersberg
• 20:00 uhr: Demonstration gegen StudiengebührenVor der Polizeiwache Döppersberg:
• ab 20:00 uhr: Konzert gegen Polizeigewalt in NRW – Es spielen u.a. Microphone Mafia, Klaus der Geiger, Capito Si, S1R, Compania Bataclan und Simple Tings
• ab 23.00 uhr: Demonstration gegen Polizeigewalt, Dummheit und Brutalität im Amt
• ab 24.00 uhr: Kollektives Sleep In im Camp auf der Hardt (nähe Grillpavillion), den veganen Campabschnitt findet ihr an den Gewächshäusern am Botanisches Garten.Von anderen Gruppen:
• 11.00 uhr: Pressekonferenz auf der Staumauer der Wupper-Talsperre unter dem Motto “Das NRW-Fest fluten! Don´t forget Möhne – Bomber Harris do it again!”
• 14.00 uhr: Mahnwache vor dem Unternehmerkongress mit dem Brecht-Chor
„der Haifisch der hat Zähne“.
• 18.49 uhr – Stadthalle Haupteingang: Flash Mob “Kleiner Hai – Eat the Rich!”
• 20:00 uhr – vor der Stadthalle: Demonstration gegen das Rauchverbot Smoke-In im Smoking: freie Vereinigung nordrhein-westfälischer Bar- und Kneipenwirte
gegen das Rauchverbot.
• 22:00 uhr: Araltankstelle vor dem Polizeipräsidium: Autorennen gegen die hohen Spritpreise. Autokorso zur Stadthalle.
• 22.00 uhr: Treffpunkt Schauspielhaus: Gegenkundgebung – Fahrraddemo gegen den niedrigen Benzinpreis.
• ab 22.00 uhr: Celebration-Time – Party im Café Ada

Das Bürgerprogarmm am Samstag, 30.08.2008

• ab 10:30 uhr: Gemeinsames Frühstück im Camp auf der Hardt
• ab 12:00 uhr – Treffpunkt Minna Knallenfalls (Elberfelder Innenstadt):Transbergischer Stadtrundgang – direkte Aktionen und Spaziergänge zu Polizeigewalt, Ausbeutung und staatlichen Rassismus.
• ab 13:30 uhr Treffpunkt Sonnborn Hauptkirche: Festparade der Brauchtumsvereine und Schützenkönige, auch wir AbschiebehaftgegnerInnen, Hartz IV-Betroffenen (mit schwarzem Block) und StudentInnen gegen Studiengebühren reihen uns in die Demo ein. Das WDR Fernsehen überträgt live und MP Rüttgers sitzt mit Ehrengästen auf der Ehrentribüne.

Von anderen Gruppen:
• ab 15:00 uhr: internationales Punktreffen am Wuppertaler ZOO und am Barmenia Beach, Kampftrinken, Dosenwerfen,…
• Abends – Reclaim the Beach – Beachparty mit Punkbands
• Punk Camp am Barmenia Beach

Samstag abend:
• Rave gegen das Verzehrverbot in der Schwebebahn und gegen die Bereitstellung von Gefangenenbussen für den 1. Mai. (Details werden kurzfristig bei youtube bekanntgegeben)
• Treffpunkt Samstag 22:00 Hauptbahnhof Gleis 1: Die Wuppertal Bewegung lädt zur Techno-Tunnel Party im Tunnel Kleeblatt. Tanzparty gegen Fledermäuse und für noch mehr Ein-Euro Jobs. Wer als Ein-Euro-Jobber verkleidet erscheint, bekommt ein Gratismedikament. (Kommt rechtzeitig mit der Bahn, weil es zu Verkehrsstörungen aus Richtung Köln kommen kann)

Das Bürgerprogarmm am Sonntag, 31.08.2008

• Katerfrühstück am Barmenia-Beach
• Unkonventionelle Teilnahme am Triathlon
• Dampflok Blockade als Training fürs Wendland : mit X-tausendmal quer
• Müllaktion „Kein Mülltourismus aus Neapel“ der einheimische Müll stinkt zum Himmel- Performance in den City Arcaden – bringt euren Müll mit!
• Beachfußballturnier um den Günter Pröpper Cup am 31. August 2008 auf dem Barmenia-Beach zwischen 12-18 Uhr
• ab 14:30 uhr beginnt am gleichen Ort auch ein Raufballturnier
• ab 14:00 uhr Teilnahme am Umzug des Landes NRW mit blackblock

Weitere Infos:
Aufruf zum Tribunal gegen die NRW-Landespolitik
Alles zum NRW-Tag – die Seite zum Fest
Autonomes Zentrum Wuppertal

  • email
  • Print
  • PDF
  • Add to favorites
  • RSS
  • Twitter
  • Identi.ca
  • Facebook
  • Google Bookmarks
  • MisterWong.DE
  • StumbleUpon
  • Technorati
  • Digg
  • del.icio.us
  • MySpace
Publiziert: August 26th, 2008
Rubrik: kiez und umgebung, lüge und wahn, plan und aktivismus
Schlagworte: , , ,
Kommentare: No Comments.












*